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Nina Fuchs (40)

„Lassen wir Opfer nicht länger im Stich!“

Erst mit K.-o.-Tropfen betäubt, dann vergewaltigt – der mutmaßliche Täter gefunden, aber nie verurteilt: Was der Münchnerin Nina Fuchs passiert ist, macht fassungslos. Und ist kein Einzelfall. Ihr Verein „Kein Opfer e.V.“ fordert mehr Aufklärung und Gerechtigkeit

Es passiert an einem Donnerstag im April 2013. Nina feiert in einem Münchner Club. „Es war ein lustiger Abend. Ich tanzte, quatschte mit Leuten.“ Dann reißt ihr Film. Als die Übersetzerin im Gebüsch zu sich kommt, ist ihr Kleid hochgezogen. Sie sieht zwei Männer unscharf. Nina hat keine Kontrolle über sich, stolpert nach Hause – und begreift erst am nächsten Tag: „Ich bin unter dem Einfluss von K.-o.-Tropfen vergewaltigt worden.“ Die damals 30-Jährige erstattet Anzeige. Die Polizei winkt ab, glaubt die Sache mit den K.-o.-Tropfen nicht – und für einen Nachweis ist es zu spät, der Wirkstoff baut sich schnell ab. Doch es wird Sperma gefunden! Und fünf Jahre später der mutmaßliche Täter dazu, der wegen eines anderen Delikts in der DNA-Datenbank auftaucht. Nina hofft auf Gerechtigkeit. Doch die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren 2019 ein: Es könne ja nicht ausgeschlossen werden, dass Nina in der Tatnacht Verkehr mit weiteren Männern hatte. Ihr Anwalt legt Beschwerde ein, Nina startet eine Petition, sammelt 100 000 Unterschriften. Wieder stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein: Es sei doch nicht nachweisbar, dass der Verdächtige hätte erkennen können, dass Nina wehrlos war … Auch Oberlandesgericht München und Bundesverfassungsgericht Karlsruhe weisen die junge Frau ab. Sie verzweifelt fast. Fühlt sich als Lügnerin abgestempelt. Doch dann passiert etwas: Es melden sich immer mehr Betroffene bei Nina! Ihr wird klar: „Ich bin kein Einzelfall! Opfer von Sexualstraftaten bekommen selten einen fairen Prozess.“ Ihre Hand ballt sich zur Faust: „Laut Statistik werden nur 7,5 Prozent der Täter verurteilt.“ Die Opfer leiden lebenslang. Nina will das nicht hinnehmen, steht auf, zeigt Gesicht: Im Dezember 2020 gründet sie „Kein Opfer e. V.“. Keine Beratungsstelle – sondern eine Organisation, die die Gesellschaft verändern will. Mit Kampagnen aufklären, sensibilisieren, Politiker aufrütteln. „Wir brauchen Prävention an Schulen und Berichterstattung. Sexueller Missbrauch unter K.-o.-Tropfen darf kein Tabu mehr sein.“ Heute hat ihr Verein über 70 Mitglieder, bis zu 80 Stunden steckt Nina in mancher Woche in die Arbeit – unbezahlt. Das kostet sie Kraft, Nerven und Geld. Als Nina von uns erfährt, dass wir sie auszeichnen, ist sie im Burn-out. Es fließen Tränen: „Dieser Preis ist eine riesige Wertschätzung für mich, er gibt mir Kraft!“ Ihr Einsatz gegen K.-o.-Tropfen geht weiter.

Stand 2023

Infos: www.ko-ev.de
Spenden: DE23 7015 0000 1006 2788 22

Unsere Preisträgerinnen 2023