„Weihnachten darf kein Kind traurig sein“

Sie sorgt mit ihrem Verein „Geschenke Gegen Kindertränen“ dafür, dass auch Kinder aus sozial schwachen Familien Geschenke auspacken können – und ein glückliches Weihnachtsfest haben

Jasmin steht in einer großen Lagerhalle in Leverkusen, in der Hand ein hübsch verpacktes Päckchen. Sie schüttelt es vorsichtig. „Oh, ein Puzzle. Ihr habt es kontrolliert, oder?“, ruft sie Julia, ihrer 2. Vorsitzenden, am anderen Ende der Halle zu. Überall stehen und stapeln sich hier verpackte Geschenke mit kleinen Anhängern, insgesamt sind es in diesem Jahr über 8500. „Na logo, alles vollständig“, antwortet Julia. Und auch, wenn von der Decke keine Weihnachtslichter strahlen, sondern grelles Neon: Hier sind Weihnachtsengel bei der Arbeit! Fast 40000 Spielzeuge haben Jasmin und ihr Team von „Geschenke Gegen Kindertränen e.V.“ (GGKT) in den vergangenen sechs Jahren verpackt und verschenkt – damit kein Kind am Heiligen Abend vor einem leeren Gabentisch steht. Auch das Puzzle in Jasmins Hand wird an diesem 24. Dezember unter einem festlich geschmückten Tannenbaum liegen: „Ich möchte nicht, dass irgendein Kind traurig ist. Schon gar nicht Weihnachten!“, sagt die 32-Jährige und türmt weiter Pakete auf. Den „inoffiziellen Partner vom Weihnachtsmann“ nennt Jasmin ihren Verein, und da ist was dran. Mit ganz viel Herzblut bereitet sie das ganze Jahr über vor, was jetzt in der Adventszeit seinen Höhepunkt erreicht: die Gaben-Ausgabe an Familien, die sich einfach keine Geschenke für ihr Kind leisten können. Und das sind viel mehr, als Jasmin sich zu Anfang hat vorstellen können. „Die ersten Spenden habe ich noch bei mir in der Wohnung gesammelt“, erzählt sie. „Mein kleines Gästezimmer war im Nu bis zur Decke vollgestellt.“ Und trotzdem hätte sie viel mehr Geschenke gebraucht, damit niemand leer ausgeht. Deshalb aufgeben? Jasmin doch nicht! Inzwischen, sechs Jahre später, darf der Verein eine große Lagerhalle nutzen, und Jasmin hat Unterstützung von 120 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Wochenlang bringen Spender Spielzeug zu den Sammelstellen, die Helfer sortieren, kontrollieren und verpacken alles liebevoll. Jedes Spielzeug wird genau begutachtet und auf Vollständigkeit geprüft. „Denn ein Geschenk, das kaputt ist, tröstet kein Kind. Wir wollen Tränen trocknen – und nicht verursachen“, erklärt Jasmin. Ein Puzzle mit 1000 Teilen? „Wird zur Probe gepuzzelt.“ Ein ferngesteuertes Auto? „Da kommen Batterien rein, und es wird Probe gefahren!“ Echte Weihnachtsengel überlassen nichts dem Zufall. „Geschenke Gegen Kindertränen“ heißt der Verein zwar, aber er könnte auch „Geschenke gegen Elterntränen“ heißen: „Wenn ein alleinerziehender Vater von uns Pakete bekommt, die er für seine Töchter unter den Baum legen kann, dann fließen auch schon mal Tränen“, erzählt Jasmin. „Das sind dann Tränen der Erleichterung und des Glücks. Richtig emotional wird’s oft, das macht unsere Arbeit aus.“ Jasmin schnappt sich eine Liste mit Namen. Aber heute kommen nicht nur Familien in die Lagerhalle nach Leverkusen, sondern auch Organisationen, die Kinder betreuen, die ohne die Hilfe von GGKT zu Weihnachten nichts bekommen würden. „Wir wollen so viele Mädchen und Jungen wie möglich erreichen. Das schaffen wir, indem wir mit Hausaufgaben-Gruppen, Frauenhäusern, Tafeln und Kinderheimen zusammenarbeiten. Zusammen schaffen wir viel mehr.“ Von Bergisch Gladbach aus decken Jasmin und ihr Team, alle ehrenamtlich im Einsatz, einen Radius von 200 Kilometern ab. „Aber auch in anderen Gegenden Deutschlands brauchen Eltern und Kinder unsere Unterstützung.“ Deshalb hat der Verein in diesem Jahr mit Hamburg einen zweiten Standort eröffnet, verteilt auch hier Geschenke. Gerade aber trudeln die ersten Abholer in Leverkusen ein. Jasmin ist konzentriert, hat alles im Blick. Geschenke wandern von Hand zu Hand, werden verladen und bis zum 24. Dezember gut versteckt. Damit am Heiligen Abend Kinderaugen leuchten können. Der Weihnachtsmann wäre stolz.